· 

Perfektionismus: Das Streben nach dem Unmöglichen

 Der Perfektionismus an sich hat keine allgemeingültige Definition, da er in der Psychologie in unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen auftreten kann. Im Großen und Ganzen beschreibt Perfektionismus – zumindest in dem Umfang, in dem ich es hier beleuchten möchte – ein psychologisches Verhaltensmuster, bei dem man im übertriebenen Maß versucht nach Perfektion zu streben und Fehler zu vermeiden. Oder einfach gesagt: Menschen, die zu Perfektionismus neigen, haben oftmals übertriebene Ansprüche an sich selbst, ihre Arbeit und manchmal auch an ihre Mitmenschen.

 

 

Die Krux daran ist allerdings, dass ein Perfektionist niemals die 100% erreichen wird. Selbst wenn es in den Augen anderer perfekt sein mag, so findet der Perfektionist immer etwas, was man verbessern könnte und findet immer Gründe unzufrieden mit der Arbeit zu sein oder diese kleinzureden. Und so verbringt man Stunde um Stunde, Woche um Woche, Jahr für Jahr damit nach dem Perfekten zu streben und verschwendet so sein ganzes Leben bei dem Versuch alles zu 100% und perfekt zu machen. Aber das ist nun mal einfach nicht möglich. Fehler gehören zum Leben dazu, um warum gerade auch das Fehler machen wichtig ist, erfährst du unter anderem hier. Du merkst also: Ein Perfektionist ist meist gar nicht in der Lage sein Ziel zu erreichen, weil das wonach er strebt nicht möglich ist. Grund dafür ist, dass Perfektionisten von Standards ausgehen, die einfach unrealistisch sind. Und so kommt es dazu, dass man nach dem Unmöglichen strebt, denn egal was man erreicht, es ist nie gut genug. Perfektionismus ist eine ewige Jagd, die meist in vermindertem Selbstvertrauen mündet.

 

Perfektionismus ist – wie eingangs beschrieben – nicht immer gleich. Es gibt unterschiedliche Ursachen und auch unterschiedliche Ausprägungen. Somit kann man also den Wunsch nach hoher Qualität, Präzision und Perfektion nicht per se verteufeln. Vielmehr benötigt man einen differenzierten Blick auf diese Eigenschaft, den es gibt sowohl gute, als auch schlechte Perfektion.

 

Was versteht man unter guter Perfektion?

 

Der gute Perfektionismus ist eher nach innen gerichtet und hat ihren Ursprung im Inneren. Bei dieser Form von Perfektionismus setzt man sich selbst hohe Maßstäbe und Ansprüche. Aber dies tut man nicht für andere, sondern für sich selbst mit dem Ziel daraus zu lernen und somit zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.

 

Diese Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie anders als erwartet mehr Fehler machen, weil sie eben auch mehr ausprobieren. Fehler sind für diese Personen aber nichts Schlimmes, sondern eine wichtige Erfahrung aus der man etwas lernt.

 

Was genau versteht man unter schlechter Perfektion?

 

Oftmals verbirgt sich hinter einer „neurotischer Perfektionssucht“ das unerfüllte Verlangen nach Anerkennung. Auch der Wunsch nach mehr Kontrolle sowie der Versuch sich vor Ärger oder Scheitern zu beschützen kann der Grund für den eine schlechte Perfektion sein. Diese Menschen wollen – anders als im guten Perfektionismus - Fehler um jeden Preis vermeiden, weil es in ihren Augen nur ihr Versagen demonstrieren würde. Betroffene Perfektionisten sind oft willensstarke Menschen mit harter Schale aber äußerst sensiblem Kern. Sie geben zwar stets ihr Bestes – aber aus den falschen, extrinsischen Gründen. So entsteht eine Abwärtsspirale aus Streben, Stress und Scheitern.

 

Die häufigsten Probleme der Perfektionisten:

 

1.     Sie setzen ihre Leistungen und Erfolge mit ihrem Selbstwertgleich und betreiben deshalb permanente Selbstoptimierung.

 

2.     Sie denken in Schwarz-Weiß-Kategorien. Wer nicht perfekt ist, nicht alles richtig macht, wird automatisch zum Verlierer. Bei dieser Sicht erhalten menschliche Fehler aber ein zu großes Gewicht.

 

3.     Sie empfinden sich selbst als faul.

Viele Perfektionisten sind Arbeitstiere. Sie finden immer etwas zu tun. Das Wort „Pause“ kommt in ihrem Wortschatz nicht vor. Trotzdem haben sie ein schlechtes Bild von sich und ihrer Arbeitsleistung. Viele unterstellen sich Faulheit. Vor allem dann, wenn Aufgaben länger dauern als geplant.

 

4.     Sie neigen zur Selbstausbeutung

Überstunden machen – und danach noch die restliche Arbeit mit nach Hause nehmen, um dort weiterzuarbeiten? Sowas passiert bei Perfektionisten regelmäßig. Diese Menschen scheuen nicht davor zurück, über ihre Belastungsgrenzen zu gehen, um Projekte abzuschließen oder kleinere Mängel zu vermeiden. Wird das chronisch, sind negative Folgen für die Gesundheit programmiert.

 

5.     Sie nehmen alles persönlich

Sachliche Kritik an einer Aufgabe oder ein nett gemeinter Scherz – das gibt es für Perfektionisten nicht. Ihre latente Unsicherheit führt dazu, dass jeder Kommentar auf die eigene Person bezogen und ins Negative gedreht wird. Als Abwehrreaktion sehen sich viele Perfektionisten in ihrem Streben bestätigt und gehen künftig noch akribischer vor, um weitere Kritik zu vermeiden.

 

 

Wie kann man den schlechten Perfektionismus überwinden?

 

Ein wichtiger Schritt und vor allem der erste ist natürlich zu erkenn, dass die Erwartungen an sich oder andere unrealistisch hoch oder gar unzumutbar sind.

 

Wenn du bereits an dieser Stelle bist, dann helfen dir die nachfolgenden Tipps sicher weiter:

 

1.     Sei gnädig mit dir selbst

Hör auf dich selbst zu zerfleischen, wenn mal etwas nicht geklappt hat. Erkenne den Fehler an, lerne daraus und mache weiter. Höre auf dich auf deine Schwächen zu besinnen, sondern stärke deine Stärken. Niemand ist perfekt und niemand wird je perfekt sein, auch du nicht, vollkommen gleich wie sehr du es probierst.

 

2.     Höre auf dich mit anderen zu vergleichen

Jeder kann etwas – und manche können etwas einfach besser als andere. Sicher kannst du auch etwas besser als manch anderer. Talente sind ungleich verteilt, es ist aber nicht deien Aufgabe für Gerechtigkeit zu sorgen. Vielmehr solltest du einfach das Beste aus deiner eigenen Begabung machen.

 

3.     Setze realistische Erwartungen

Niemand wird ein Wunder von dir erwarten, warum erwartest du das also von dir? Es reicht oftmals schon aus, dass du versuchst deine Sache gut zu machen, es genügt, dass du dein bestmöglichstes gibst. Häufig reichen schon 80% des Optimums, um dein Ziel zu erreichen. Die Gefahr ist sonst, dass man wichtige Entscheidungen immer wieder aufschiebt, bis alles so ist wie man es gern hätte. Und das passiert entweder gar nicht oder wenn es tatsächlich schon zu spät ist.

 

4.     Rechne damit Fehler zu machen

Du musst einfach damit leben, dass du Fehler machen wirst. Also plane das bereits von Anfang an mit ein. Dadurch gehst du direkt mit einer anderen Grundhaltung an die Sache ran und kannst die Fehler besser akzeptieren. Und ich werde nicht müde es zu sagen: Aus Fehlern lernen wir mehr als aus Erfolgen, also siehe sie nicht als Feind, sondern als Chance.

 

5.     Lerne mit Kritik umzugehen

Es ist ein Irrglaube, dass Perfektion vor Kritik schützt. Es allen recht machen zu wollen, wirkt wie Nervengift: erst vernebelt es, dann lähmt es. Wer es versucht, wird sich zwangsläufig verzetteln, verliert sein Ziel aus den Augen und opfert obendrein sein Rückgrat. Wer sich jedem Widerstand beugt, besitzt weder Standfestigkeit noch Durchsetzungskraft.

 

6.     Bitte um Hilfe

Keiner kann alles alleine schaffen. Es ist sogar ein Zeichen von Größe, seine eigenen Schwächen einzugestehen und an jenen Punkten um Hilfe zu bitten.

 

7.     Analysiere weniger

Man kann Probleme auch überanalysieren. Auch das ist eine Form von Detailversessenheit. Oder eine Form von Prokrastination: Aus Angst loslegen zu müssen und dann womöglich Fehler zu machen, wird einfach weiter analysiert. Nichts gegen gute Planung. Aber betrüge dich dabei nicht selbst!

 

8.     Einfach machen

Verkompliziere die Dinge nicht unnötig und leg einfach los! J

 

Und zu aller Letzt, halte dir immer vor Augen: Gut ist gut genug. Es muss nicht immer perfekt sein!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Timo (Mittwoch, 21 April 2021 12:51)

    Du bist perfekt für mich �